j.home`s world
 
Dienstag, 25. März 2014
fahrenheit 451

ray bradbury`s fahrenheit 451

Entschwindendes Licht raubte meiner Flucht das Tempo. Kanten, Ecken und Umrisse verblassten im Dämmer des Tages. Der Übergang von Tag zu Nacht brachte meinen Bewegungsablauf durcheinander. Hatte ich mich bei guter Sicht vorangeworfen und war von Gasse zu Gasse gehetzt, so fühlte ich mich jetzt wie ein Rapper, der im Bühnennebel die Umsicht verlor, zurückzuckend und abfedernd vor Hindernissen. Indessen hatte sich der Puls beruhigt, meine Sinne sich auf die Veränderungen eingestellt. Ich lief in der Mitte einer Gasse gerade auf einen Block zu, der die nächste Gabelung bezeichnete. Erneut verminderte ich das Tempo, verfiel beinahe in Schritt. Aus einem Fenster flimmerte das Gelichter eines Wandbildschirms. Und in mir tauchte das Bild meiner Frau Mildred auf, wie sie stundenlang in die Fernsehwand glotzte und davon träumte, sich eine vierte Wand als Bildschirm einzubauen. Während das Bild meiner armen Frau mein Bewusstsein blockte, fluteten die jüngsten Ereignisse mit zunehmender Kraft mein Denken. Dabei hatte ich meine Schritte so weit verlangsamt, dass ich ohne Sorge die Geschehnisse der letzten Tage bedenken konnte.

Da war das Mädchen, die Bücher, die Frau in den Flammen, Feuerwehrhauptmann Beatty der mich besuchte, die Angst vor dem mechanischen Hund, Mildred die das Buch unter dem Kissen hervorziehen wollte, der letzte Einsatz, der mich zu meinem Haus führte, die schreckliche Tat, Hauptmann Beatty und zwei Kameraden erschlagen, die Flucht, die Angst vor Verfolgung, der Helikopter, der Hund, ... die ganze Stadt vor dem Fernseher, der Aufruf zur Mithilfe, die menschenleeren Gassen damit man ihn erkennen möge, die Live Übertragung der Verfolgung ... ich schreckte hoch, ich war Montag.

Aus weiter Ferne hörte ich das Flattern des Helikopters. Ein Blick auf die Fernsehwand im Innern bestätigte meine düsterste Ahnung. Die Mattscheibe die so vielen die Welt bedeutete zeigte den mechanischen Hund wie er eine Spur verfolgte. Sie hetzten mich wegen eines Buches. Jäh eingeholt von der Wirklichkeit, bedachte ich meine Möglichkeiten. Stehenbleiben, meinen Abgang von dieser Welt verfolgen, die Flucht aus der Stadt fortsetzen, was blieb mir anderes übrig. Ich spürte das Feuer des Revolutionärs. Kraft zur Umwälzung der bestehenden Ordnung erfüllte meine Augen und eine neue Entschlossenheit bemächtigte sich meiner. Dabei suchte ich nun den Moment, da der Helikopter in die Gasse vor mir einschwenkte. Die Nase des mechanischen Spürhundes an der Spitze direkt vor mir, die Augen der Zuschauer gebannt vor dem Schirm die letzte Tat Guy Montags abwartend. Ich würde bereit sein, die Bürger warnen. Die Verbannung der Bücher aus dem öffentlichen Leben gnadenlos anprangern. Indem die Menschen den Regeln des Staate ohne zu denken folgten, hatten sie die Seele erhängt. Die ständige Berieselung durch Funkmuschel und Fernsehwand war das Mittel den Bürger hörig zu halten. Ich reimte mir also Vers für Vers zusammen. Eine geballte Ladung Rede, die das Volk wecken sollte. Ich konzentrierte mich auf das Erscheinen des Hundes, als eine andere Stimme anklang.

"Noch ist es Zeit! Setze die Flucht fort, wie mit dem Gelehrten Faber besprochen. Der Fluss ist nahe. Ihn musst du nur übersteigen, um zu den Ausgestossenen zu gelangen. Rette dein gespeichertes Wissen. Denn alle Bücher sind ja verbrannt. Du bist ein wandelndes Buch!"

Es stimmte, ich konnte das Buch Prediger auswendig aufsagen. Faber wollte, dass ich zu den Ausgestossenen stiess, und zu gegebener Zeit wie alle andern, die schon dort waren, mein Wissen rezitierte. Ich wirbelte herum. Wie lange war ich hier eigentlich verweilt, hatte mich hinreissen lassen den Plan zu ändern. Noch stand ich vor der Häuserfront. Das Flattern des Helikopters drang nun deutlicher an meine Ohren. Ich stand vor dem Scheideweg. Sollte ich bleiben und als Revolutionär untergehen oder rennen und das Wissen retten? Für einen Augenblick genoss ich einfach die eingetretene Ruhe, die Stille vor dem Sturm. Stellte meine Sinne auf die alles endende Begegnung ein. Ich war Guy Montag und würde der zuschauenden Menge vor laufender Kamera geben was sie wollte, einen atemraubenden Abgang.

jh

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