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Dienstag, 12. Oktober 2004
C2: Der biblische Erkenntnisbegriff

*
Vertrautheitserkenntnis
Personerkenntnis ist Vertrautheitserkenntnis
Wir wenden uns der Grundfrage 3 zu, der Frage nach der Rolle des Erkenntnisobjekts im biblischen Erkenntnisprozes. Es gilt der Grundsatz:

Die Befragung des Wirklichen(Gottes) gibt den nötigen Durchblick.

Das Ziel ist es also nicht mathematisch richtige, physikalische Gesetzmässigkeiten über die Welt und das Wesen der Dinge herauszufinden, sondern uns zu fragen, was Gott über sich spricht. Wie ist sein Wesen, wie sind seine Absichten mit der Welt, dem Menschen und der Natur. Wir erlangen also den ersehnten Durchblick (die Forscher suchen ihn), wenn wir Vertrautheit zu unserem Schöpfer erlangen. Lernen wir ihn kennen, den Baumeister, wird er uns durch ihn das Wesen des Menschen vom Kern her aufschliessen. Dabei bleibt die Frage aber weiterhin offen, wie gross blosse Sacherkenntnis im biblischen Rahmen sein soll. Gott jedoch wird uns Erkenntnis über das Innerste des Menschen nicht im Blick auf die Sache Mensch geben sondern durch Begegnung an und für sich. Wir müssen uns also entscheiden seinen uns vorgeschlagenen Weg zu gehen um mit ihm vertraut zu werden. Die praktische Handlungsorientierung bietet sich im folgenden Plan:

1.Wir behandeln die Offenbarung nicht bloss als Buch der Erkenntnisse Gottes das vom Himmel kam.

2.Wir studieren die Geschichte Israels.

3.Jesus (Gott) blieb nicht weit entfernt sondern lebte unter uns.

4.Er lebte verbindliche Beziehung zu seinen Jüngern

5.Er lehrte nicht theologische Konzepte sondern er benutzte die Situation als Lehre.

Auf diesem Weg des personalen Verständnisses der Offenbarung des Wirklichen lernen wir Vertrautheit mit Ihm. Kurz gesagt zum Verständnis:
Anstelle von Jesus ist jetzt sein Geist auf Erden. Mit ihm sollen wir Gemeinschaft pflegen.
Hiermit sei zum Verständnis auch auf eine zentrale Bibelstelle hingewiesen:
Johannesevangelium Kp. 14 Verse 16-18

Wir betonen, das in der Begegnung sich vollziehende Verstehen. Es besteht also ein Zusammenhang von Gottesgemeinschaft und Gotteserkenntnis und er steht als Gegenpol zu weltlichen Wortverhältnis und Erkenntnismethodik.
Beginnen wir also ein Verhältnis mit Gott so ist das Resultat Vertrautheit. Wir offenbaren unser Herz und lernen zu sehen. Das steht auch unmittelbar im Zusammenhang mit der grundsätzlichen Verschiedenheit Gottes zum Menschen. Er ist der heilige, beziehungsweise, der völlig andere. Er hat den Durchblick. Es ist unfassbar, aber er will uns in die Tiefe leiten. Wir sollen seinen Herzschlag hören. Die zentrale Frage lautet also:
Kennen wir Ihn?
Aus der Vertrautheit schliesslich kommt der Blick auf alles andere. Auf innere menschliche Zusammenhänge und auf die konkrete Lebenssituation eines Menschen. Schliesslich entsteht durch diese Vertrautheit ein rechter Blick auf Gott, den Menschen und die Welt und auf die eigentlichen philosophischen Kategorien Raum, Zeit und Natur. Es bleibt also abschliessend zu sagen, der biblische Weg des Erkennens ist die Möglichkeit der Beziehung und Vertrautheit. Das Fazit lautet:
Personerkenntnis ist Vertrautheitserkenntnis.

Unsere Haltung ist massgeblich verantwortlich für echte Beziehung und Begegnung. Es besteht ein Zusammenhang von Erkenntnis, Liebe, Vertrautheitsbeziehung und Gerhorsam. Daraus folgt die Frage, was tut Gott, was muss der Mensch tun. Natürlich folgt zuerst die Beziehungswieder-herstellung. Aber wie? Einen Plan zu nennen wäre jetzt zu einfach. Für Ihn Zeit zu nehmen, bedeutet, viele Wege, viele Möglichkeiten. Dies herauszufinden, bleibt jedem selbst überlassen.
Als Beispiel kann man lediglich anführen:
Gebet im Zimmer, Meditation des Wortes, Spaziergang, CD hören, laute Diskussion mit Gleichdenkendem usw.

Was muss also der Mensch im Erkenntnisprozess tun, was Gott?
Wir stellen fest, das Eigentliche hat Gott bereits getan. Er offenbart, er gibt Liebe. Durch Jesus hat er grundsätzlich ein Ja zu jedem Mensch. Daher hat Gott auch den aktiven Part im Erkenntnisprozess. Die Frage bleibt, tut er oder tun wir. Denn zu Wissen und zu tun, sind bekanntlicherweise zwei Paar Schuhe. Bewegen wir uns aber zu Gott hin, sind wir auch in seinem Reich. Sein tun ist wichtig und nicht unsere Anstrengung. Es hat Realitätscharakter was er tut. Das eigentliche ist getan. Dies soll nicht nur ein Kopfglaube sein, nein, wir sollen es im Herzen wissen.
An Erkenntnis, guten Gaben, er hat es bereitgestellt. Es ist aber nicht so, dass wir es bei Gott einfach holen könnten. Das bereitgestellte, es widerfährt uns. Es ist Gnade! Statt von abholen, sprechen wir von empfangen. Deshalb ist es auch sein Geschenk, wenn wir verstehen. Wir sollen aber auch nicht einfach rumsitzen. Wenn Gott das eigentliche getan hat, wir empfangen dürfen, so soll es unsere Antwort sein, aktiv zu suchen. Es bieten sich 2 Möglichkeiten des aktiven Suchens:
1.Das Bild der Krümel und Fischgeräten
2.Das Bild des Begiessens der Pflanze

Die Krümel und Fischgeräten sind das Wenige das ein Junge auf die Frage Jesu nach Essen für 5000 Menschen herbeibringt. Aus dem wenigen wurde dann die Speisung der 5000. Es blieb auch noch etwas übrig. Wir müssen also nicht gleich etwas Gutes zu bieten haben. Indem wir das wenige das wir haben Gott nicht vorenthalten, kann er dadurch grosses vollbringen.
Das zweite Bild zeigt uns philosophisch gesprochen, das Eigentliche, die Idee der Pflanze, Gott hat sie in Existenz gesetzt. Wir können nichts dazu beitragen, dass die Pflanze überhaupt erxistiert. Wir können aber pflanzen und begiessen. Das Wachstum schenkt dann wieder Gott. Wir sehen also, biblischer Erkenntnisgewinn sieht vor, dass wir es ihm erlauben in unserem Leben Gott zu sein, dass wir in sein Reden einwilligen. Wir können mit Ihm umgehen wie mit einer Person. Indem wir uns einlassen, das Eigentliche das Bereitgestellte zu empfangen, beziehen wir Stellung. Wir lassen uns auch nicht auf eine theoretische, abstrakte Diskussion ein. Denn, uns ist nicht mehr das in Erfahrung bringen von So-Seins Zuständen wichtig, sondern die Anfrage Gottes in meinem Innern zu zulassen. Wir fragen uns also, was Gott zu dem Zustand im Innern des Menschen sagt. Dieses Einlassen auf Gott und mein Gegenüber braucht viel Zeit und Kraft und kann ganz schön emotional sein. Indem wir uns einlassen, sollen wir auch wieder wissen, wo wir uns abgrenzen, denn wir sollen uns auch nicht ausbeuten lassen, nicht unser Harmoniebedürfnis dadurch stillen und auch nicht dem Helfersyndrom verfallen. Wir verzichten ganz bewusst auf einen Ausgleich des eigenen Mangels an Nähe durch mein Gegenüber, dem ich helfen will. Wir bringen echte Liebe! Wichtig ist aber, dass wir an der Schwäche des Andern Anteil nehmen und selber unsere nicht verheimlichen. Denn damit überhaupt ein Gespräch stattfindet, braucht es eine Atmosphäre der Vertrautheit. Nur so erreichen wir was wir nämlich ganz bestimmt wollen, die freiwillige Selbstoffenbarung des Hilfesuchenden. Dazu gehört auch die Bereitschaft zur Veränderung und das wir uns selber auch in Frage stellen. So legen wir unser Verhalten und Wollen auf den Prüfstand. Es gilt eben auch, dass jeder durch den andern in seiner Existenz entscheidend geprägt ist. Denn nur wo wir einander zum Schicksal werden ist erst Vertrautheit möglich. Der oberste Grad an Vertrautheit sollte daher in der Ehe vorfindbar sein.

Nächstes Thema ist, Gott ist Gott; der Mensch ist Mensch. Wir müssen uns belehren lassen, wollen wir den Blick des Wissenden erhalten. Dazu braucht es Demut. Eine Anerkennung Gottes beinhaltet eine radikale Seinsveränderung, einen Herrschaftswechsel. Das gewönliche sind Selbsbestimmungwunsch und Eigenherrschaft. Grundsätzlich misstrauen wir jemanden der in unsere Welt eintreten will. Und gar ein Eintritt Gottes in die private Welt wird allzuoft als Störung empfunden. Wir erstreben Autonomie. Unsere gewönliche Haltung ist, der Mensch ist notwendig und das Dasein geht von ihm aus. Darum spricht man von Bekehrung. Das Ich muss sterben damit ein anderer Wille eintreten kann. Und schliesslich ist es Gott, unser Schöpfer, dem wir den Eintritt erlauben. Auf diese Weise unterstelle ich mein Leben und mein Denken seinem Willen. Sünde heisst eigentlich nichts anderes als Trennung. Wir sind auf der Flucht und das heisst mit anderen Worten, eine Vertrautheit ist nicht mehr möglich, die Beziehung ist gestört. Misstrauen statt vertrauen hat die Sünde bewirkt. Unabhängig wollen wir sein. Sich Gott unterzuordnen tönt nach knechtischer Abhängigkeit. Daher stellen wir die Frage, ob es geht autonom zu sein und trotzdem Gemeinschaft mit ihm zu haben. Diese Haltung kommt vom Denken, dass wir wissen was wir wollen und dass wir uns vom andern nicht reinreden lassen. So lässt sich eben nur noch feststellen, dass auf diese Weise auch keine echte, tiefe Vertrautheit entstehen kann. Wir erinnern uns, Vertrautheit kann nur entstehen wo wir uns dem andern nicht verschliessen respektive seine Aussagen respektieren. An Gott glauben heisst seine Weisung anzunehmen und umzusetzen. Daraus ergibt sich ein Wortspiel:
Vertrautheit - Veränderung
Autonomie - Trennung
Eine Beziehungsstörung ist also auch nicht die Strafe Gottes, sondern sie ist die Folge von Selbstbestimmung. Im Gegenteil sollen wir es anstreben, dass ich und Gott ein Herz und eine Seele sind. Blindheit ist darum das Gegenteil. Autonomie führt zu Trennung und Beziehungsstörung. Die Auswirkung von Autonomie auf die Erkenntnis ist darum ein mehr von Blindheit. Der Weg zur Offenbarung des ersehnten Wissen liegt also im Herrschaftswechsel respektive in der Beugung unter Gott. Auf diese Weise bezwinge ich die knechtenden Mächte der Lüge und Illusion. Johannes 8 Vers 31-32 sagt: Wer in meinem Wort bleibt, ist wahrhaft mein Jünger und wird die Wahrheit erkennen und die Wahrheit wird ihn frei machen.
Alles was es braucht ist, den eigenen Stolz nicht zu verschweigen sondern zuzugeben. Griechisch heisst Stolz hybris und hat noch folgende Übersetzungen: Vermessenheit und Übermut. Wenn wir also Gott in unserem Leben Gott sein lassen, werden unsere verstopften Ohren frei und unser Herz bereit. Dabei lässt es sich durchaus so ausdrücken, dass jeder Erkenntnisbereich ein neues Auge respektive Ohr braucht. Fortfahren will ich mit dem eigentlichen, biblischen Erkenntnisvorgang:
Nicht die Erkenntnismethoden und die Schulung des Denkvermögens, nicht die Präzisierung unserer Instrumente zur Wirklichkeitsbefragung stehen im Vordergrund, sondern, der Gehorsam und die Beugung unter die Gottesherrschaft. Das Fazit lautet, Offenbarung bringt die Wohungsnehmung des Geistes in uns. Daraus folgt automatisch eine Handlungsorientierung denn Offenbarung im biblischen Sinn fordert zur Handlung heraus.
Die Handlungsorientierung in kurzen Begriffen:

-einlassen statt distanznehmendes Hinsehen
-erkennen und handeln
-hören und gehorchen

Alles beginnt damit, dass wir nicht aus der Distanz über ein menschliches Dilemma nachdenken sondern uns darauf einlassen, das Dilemma durch Begegnung kennenzulernen. Wir setzen uns selber aufs Spiel und werden auf diese Weise zu verstehenden.
Erkennen und handeln gehören eng zusammen. Wir sollen das erkannte konkret umsetzen, ein Täter des Wortes sein.
Und wie es das hebräische Wort sma meint, sind hören und gehorchen ein und dasselbe.

Unsere von der griechischen Denktradition beinflusstes Leben betont im Gegensatz zum beschriebenen hebräischen sma das perönliche Entscheidungsmoment. Treten Fakts an uns heran, so entscheiden wir darüber, ob wir sie glauben oder nicht. Ein unabdingbarer Gehorsam verträgt sich anderst gesagt nicht mit unserem moderen Denken. Als Grundannahme dient uns das Bekenntnis zur freien Wahl respektive Meinungsfreiheit. Dazu meint die Bibel eben, dass wir nur dann erkannt haben, wenn wir gemäss dem gehörten Handeln. Zum Beispiel ist Liebe nicht ein Begriff, sondern die Handlung. Verweigerndes Verhalten gegenüber Gehörtem kann man in dieser Gedankenfolge mit nicht richtig erkennen und blind bleiben gleichsetzen. Dabei werden wir nicht gleich mit grossen Wahrheiten den Weg der Beugung unter Gott beginnen müssen. Vielmehr wird Gott mit kleinen Wahrheiten über uns beginnen. Sie werden uns lehren, dass er recht hat und wir ihm vertrauen dürfen.

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