j.home`s world
 
Montag, 25. Juni 2012
Ein Mönch fand neues Leben

B.H.Pearson Copyright 1940
Druckerei Cornaz S.A. Yverdon, Schweiz
S.146

Etwas ungewöhnlich mag es in unserer Zeit erscheinen, über das Leben eines Mönchs zu berichten. Zumal dieser Mönch, von dem ich euch berichte, schon ungefähr hundert Jahre nicht mehr lebt. Das heisst, er lebt ja eben schon, denn in seiner Auffassung hat er durch den Austritt aus Kloster und Kirche das Leben gefunden.

So beschreibe ich euch also den Weg Walter Manuels Montano`s, vom Patrizier zum Atheist, vom Atheist zum Mönch, vom Mönch zum Prediger.

Fray Luis, wie ihn die Dominikaner nach der Ordination nannten, war einer jener Menschen, die die Suche nach geistlichem Frieden antrieb. Aufgewachsen in Cochabamba, Bolivien, interessierte ihn schon früh das Leben der Priester. Er gehörte zur Kaste der Patrizier. Sein Vater hatte keine Zeit zum spielen, musste viel lesen, war Lehrer an der Universität. Mutter war gestorben und die Stiefmutter hatte es überhaupt nicht gerne, wenn der kleine Manuel den Haushalt auch nur um das kleinste bischen durcheinander brachte. So kam Walter Manuel zu seinem Onkel. Dort durfte er Almosen vom Balkon werfen. Er stieg aber auch zum Volk hinunter. Was ihm dann aber wieder streng verboten wurde.

Als dann Vater mal auf Besuch war, klettete sich Walter Manuel so stark an ihn, dass Vater ihn wieder mitnehmen musste. So wuchs er also wieder bei Vater auf. Und Vater gab ihm ein Buch, dass er studieren sollte. Als dann Walter Manuel schon ein Junge war, beobachtete er eines Tages, wie ein Priester der heiligen römischen Kirche einen Streit vom Zaun brach. Opfer war der Mesmer. Als man den armen Mesmer beschuldigte, einen Mann Gottes beleidigt zu haben, trat Walter Manuel für die Wahrheit ein. Dies dürfe er nicht, er müsse bezeugen, was die Kirche ihm vorschreibe. Nun war Walter Manuel kein Junge mehr. Er konnte eins und eins zusammenzählen, gründete aus Abneigung eine atheistische Gruppe. Ihre Aktionen waren Flyer gegen die Unmoral der Kirche verteilen und antikirchliche Parolen an die Wände kritzeln.

In alldem war er immer noch Patrizier und hatte das Vorrecht seines Hauses, den Weg einzuschlagen den er wollte. Auch das Militair kam in Frage, was ihm sein Vater aber abriet. Eines Tages aber spürte Walter Manuel die Frage in sich, wieso bist du gegen mich? Er meinte zu verstehen, dass Gott ihn fragte, wieso er denn nun Gott selber verneinte, nur weil einige seiner Diener unmoralisch lebten. Diese Frage grub sich tief in das Denken Walter Manuels.

Schliesslich entschied sich Walter Manuel einem Orden beizutreten. Es sollte nun eine Zeit harter Ausbildung kommen. Denn bis ein Mönch ordiniert wurde, durfte er keinen Kontakt zur Aussenwelt haben, war allein in der Zelle. Dies alles nahm Walter Manuel auf sich um endlich jenen Frieden zu finden, den er sich erhoffte. Er arbeitete hart, studierte die Schriften. Er musste jedoch feststellen, dass im Kloster nicht alles geglaubt wurde, was im Gottesdienst dem Volk gepredigt wurde. Er war jedoch belesen. Wurde zum Bibliothekar ernannt. Als er jedoch eines Tage beim Lesen unerlaubter Literatur ertappt wurde, wurde er kurzerhand dazu verdonnert, eine Woche lang als Fussschwelle zum Esssall zu dienen.

Dies alles nahm Walter Manuel auf sich, der Friede stellte sich jedoch nicht ein. Um seinem Körper Entspannung zu verschaffen, rauchte er nun dicke Cigarren. Als eines Tages ein Pater in Angst und Entsetzen das Leben liess, war Fray Luis tief erschüttert, wandte sich ab, versuchte sogar eine spiritistische Sitzung aus, die jedoch versagte.

Bald verliess nun Fray Luis das Kloster. In seiner Zeit als Bibliothekar war ihm ein verbotenes Buch, ein Gesangsbuch der Heilsarmee in die Finger geraten. Er erinnerte sich an die evangelische Mission in Cuzco. Man nannte sie kurz die Teufelsanbeter. Fray Luis wusste aber keinen Weg mehr als diesen vermeintlich gottlosen.

Eines Tages also, früh am morgen, kam er endlich an jene Pforte, die ihm fortan die Feindschaft von Kirche, Staat und Kaste eintrug. Der dortige Prediger nahm mit Fray Luis Gebetsmeile um Gebetsmeile, erklärte dem Mönch den Weg zum Heil...

Fünf Stunden hätten sie gebetet, heisst es. Dann kam das Heil, nach dem Fray Luis so lange gedürstet hat. Nach hartem Kampf mit religiösen Ritualen, floss der Friede Gottes frank und frei in das priesterliche Herz. Fortan war Fray Luis ein geächteter Mann. Von der Kirche verleumdet, von der Familie geächtet, von den Freunden verlassen, dies war das Resultat eines einfachen Gebets, das den Normen der Kirche widerspricht. Fray Luis musste alleine Glauben, fand Freunde in der evangelischen Mission, fand eine Frau, die ihn liebte. Ich weiss nun nicht, was Fray Luis glücklicher gemacht hätte, das Leben nach dem Stand den er verlassen hatte, oder das Leben das er sich durch Jesus erwählt hatte. Auch der Leser mag entscheiden, welchem Frieden oder eben Nichtfrieden er folgt.

jhome

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