j.home`s world
 
Donnerstag, 5. Juli 2012
unbewusste auskunft

jhome, juli, 2012

In Gedanken weilte ich noch an jenem Nachmittag, da ich die Journalistin an der Haltestelle traf. Es regnete und man duckte sich gerne unter das Wartehäuschen. Jenseits des Parkplatzes stand eine Frau anscheinend gelangweilt neben ihrem Auto. Ich beobachtete, wie sie Passanten ansprach.

Minuten später, sah ich sie zum öffentlichen WC gehen. Als sie dieses verliess, nahm sie Kurs auf die Gruppe von Menschen, in dessen Schutze auch ich stand. Eine Person, die anscheinend grundlos Vorübergehende anspricht, ist doch von vornherein mit einem Fragezeichen behaftet, dachte ich. Und da wir uns ja auf dem Land befanden, war es wohl nicht die "häschmer än Stutz Frage", die die verdächtige Frau stellte. Ja diese Frage hätten wir gekannt und wir hätten sie ohne zu zögern klassisch abgekontert. "Nein, ganz sicher nicht," hätten wir im Ton überzeugter Sicherheit geantwortet und vielleicht auch noch angefügt:"Geh zur Arbeit du...," doch davon wollen wir später noch reden. Wenn es aber nicht die übliche -häschmer- Frage war, was für eine dubiose, nicht von dieser Welt stammende Frage könnte es denn dann gewesen sein?

Derweil hatte sich die Frau meiner Gruppe von ahnungslos wartenden schon um zwei gefährliche Schritte genähert. Sie liess ihre Röntgenaugen wandern, schaute, wer wohl so dankbar wäre, ihr nächstes Opfer zu sein. Und warum nur blieb sie bei mir hängen? Ja hatte sie denn überhaupt keinen Respekt. Ich war doch nicht interessiert. Woraus las sie nur, dass sie mich fragen dürfe. Ich war nicht auffällig gekleidet, roch nicht immens mehr als andere und schaute doch auch normal in die Gegend. Diese Frage wird dann nochmal der Anlass für dringende Studien sein. Oder hatte ich ganz einfach ein unkontrolliertes Strahlen im Gesicht?

Vielleicht war es einfach ein Quentchen Offenheit, dass die Frau suchte und bei mir ansatzweise bemerkte. Noch unsicherer blickte ich zu der Frau und wollte eigentlich nur noch, dass das Gefährt endlich erschien und mich dieser Situation enthob. Und als sei es der Startschuss für ihr Anrücken, zwinkerte sie mir zu. Für einen kleinen Teil fühlte ich mich nun sogar geehrt. Bin ich doch ein toller Kerl, die Frauen mögen mich, ich könnte wenn ich wollte...

Die Frau war jetzt nah bei mir und ich sah, wie sie tief die Luft einsog. Die Frage die auf der auströmenden Luft surfte war aber eine ganz banale. "Sind sie von hier?" hörte ich sie fragen. "Ja, sagte ich", immer noch verspannt wegen ihrem Draufgängertum. "Kennen sie die hohe Weide?" Welch dumme Frage, dachte ich. Jeder Kindergärtler wusste wo die hohe Weide lag. Ein Felsturz gab der Weide den nahmen und vom Dorf aus war die Gegend gut einsehbar.

"Wo gehts da lang", fragte sie? "Beim Dorfbrunnen rechts", antwortete ich. "Dann bis zur nächsten Abzweigung, wo es direkt zur hohen Weide ginge", vervollständigte ich.
Sie hätte vom Unfall gehört, der dort oben geschehen sei. Ob ich etwas darüber wisse. Nichtsahnend nannte ich ihr Namen.

Der Buss kam endlich, ich verabschiedete mich endlich, stieg ein. Ich schlug sogleich eine herumliegende Gratiszeitung auf, stiess auf einen Artikel, der mir die Augen öffnete. Der Unfall von dem die Frau redete, war vor einem Tag geschehen. Sie war da um zu recherchieren...
Wörtlich stand in der Zeitung, Bub, Name geändert, verunfallt. Name geändert. Na super, dachte ich. Und ich gebe bei der ersten Gelegenheit den Namen preis. Rücke ihn raus, als hätte ich über jemand in meiner Verwandtenlinie gesprochen.

Leise aber bestimmt durchdrang ein schlechtes Gewissen mein Hirn. Nicht ohne Grund hielt die Familie den Namen zurück. Selbsschutz ist ein weises Ding im Zeitalter des gesteigerten öffentlichen Lebens. Dazu kam, dass ich mir sagen musste, hey, du wohnst doch in einem Land, da man geschult ist das Hirn zu gebrauchen. Das zeigte bei mir also keine Wirkung. Ich hatte die Situation ganz einfach nicht gecheckt, geschwaffelt ohne zu denken. Kann man dies zum Markenzeichen machen. Ich wäre dann auch dabei...

jh

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