j.home`s world
 
Sonntag, 7. April 2013
Burgess erklärt 1984

Kakotopia

In welcher nun Burgess Altdenk zu Rate zieht und Orwells Vision als Kakotopia benennt. Er will es nicht Utopia nennen, denn dies sei mit angenehmen Gedanken verbunden. Orwell verpasst uns aber eine albtraum ähnliche Anderstwelt, welche mit dem Begriff Kakotopia besser benannt sei. Und vergleicht es mit dem schon früher vom russischen Schriftsteller Samjatin verfassten Werk "Wir". Orwell hatte "Wir" gelesen. "Wir" ist die Abrechnung eines intellektuellen Russen mit dem Staatsapparat um die letzte Jahrhundertwende. In beiden Büchern hat die Kontrolle des Staates und damit verbundenes Abtöten von Ichbezogenem Lebenn vorrang. Orwell prophezeite den Televisor, Samjatin baute Glashäuser in einem Utopia im 26.Jahrhundert. Beide beschreiben Protagonisten, die an der Einflussnahme, oder am versuchten Gott spielen der Elite, sich aufreiben.

Ebenfalls unter dem Einfluss von "Wir" schrieb Huxley sein "Brave New World". Huxleys Roman erzählt entgegen der Orwellschen Versklavung der Menschen durch kollektives Gedankengut, von einem Menschen, prädestiniert durch Geburt und nachfolgender lebenslanger Konditionierung von Verhalten. Dabei gibt Orwell Huxleys Entwurf keine Chance. Es fehle ihm der Faktor Macht, der innerhalb der Gesellschaft Katalysatorwirkung hat. Dagegen glaubte H.G.Wells, ein weiterer Vertreter dystopischen Gedankenguts, eine gerechte Gesellschaft könne aufgebaut werden. Wells hält Machtgier mit gebotener Strenge kurz, zelebriert den Sieg der Vernunft.

Burgess bezeichnet nun die beiden Haltungen, die ideelle doktrinäre und die sozialistisch vernünftig wissenschaftliche als augustinisch oder pelagianisch. Kurz erklärt, hatten die beiden Kirchenfürsten einen Streit darüber, ob der Mensch nur durch Gottes Gnade errettet würde, ein besseres Leben führen könne(Augustinus), oder ob der Mensch einen wesentlichen Teil dazu selber beitragen könne. Orwell meinte also in diesem Kontext, eine Reform müsse von geistigen Kräften lanciert werden. Menschliches könne dazu nichts beitragen. Wells oder Huxley würde erwiedern, der Mensch brauche eine geballte Ladung angenormter guter Eigenschaften, um überhaupt den Sprung aus seinem Sumpfloch zu schaffen. Oder um es mit einem modernen Beispiel zu benennen. Hätte Batman in Dark Night Rises den Sprung von der Plattform im Schacht nur aus körperlicher Anstrengung getan, hätte die geistigen Kräfte ausser acht gelasssen, er wäre abgestürzt.

Burgess stellt diese Haltungen einander gegenüber. Der Erbsünde, die uns im Jammertal hält, und aus dem wir nur mit göttlicher Hilfe rauskommen, stellt er das menschliche Reagieren auf eine schlechte Umwelt gegenüber. Das heisst, der Mensch ist nur so schlecht, wie seine Umwelt es ihm aufbrummt, kann die Umstände ändern, um sich zu retten. So steht die Abhängigkeit von göttlicher Gnade für eine gute Entscheidung, dem freien Willen einer Persona, das gute aus sich selbst zu wollen, gegenüber. Orwell benützt den ideell konzipierten Staatsapparat um die Parteimitglieder und die Proles zu leiten. Liebe zum grossen Bruder aus den Herzen zu klopfen. Dagegen stehen Wells und Huxley, die den Menschen züchten, prädestinieren und durch Konditionierung Normen. Man kann also sagen, dass alle drei uns einen Spiegel vorhalten. Burgess fragt uns, wie frei, oder nicht frei wir sind, das Gute das wir tun sollen selbst zu wählen, unabhängig von äusserer und innerer Macht, von Staat und Selbst. Fehlt noch das Blinken der Demokratie und was sie über Freiheit zu sagen hat. Was aber in diesem Rahmen zu weit ginge, es auszuführen.

jh

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